| Reallohnentwicklung 
                                  in Deutschland  
                                  „Unternehmen können oft extrem 
                                  niedrige Gehälter durchsetzen, weil sich 
                                  die Machtverhältnisse zuungunsten der Arbeitnehmer 
                                  verschoben haben. Die Angst vor Hartz IV sorgt 
                                  dafür, dass sie Lohneinbußen akzeptieren 
                                  und notfalls auch extrem schlecht bezahlte Minijobs 
                                  oder Leiharbeiter-Stellen annehmen.“ 
                                  So der Kommentar von Petra Roth in der „Frankfurter 
                                  Rundschau“ vom 19 Juli 2011 zu einem Artikel 
                                  in derselben Zeitung über die neuesten, 
                                  bisher unveröffentlichen Daten des Deutschen 
                                  Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). 
                                   Verteilungsforscher 
                                  Markus Grabka vom Deutschen Institut für 
                                  Wirtschaftsforschung (DIW) hatte für die 
                                  „Berliner Zeitung“ neue Umfrageergebnisse 
                                  des Sozio-oekonomischen Panels (Soep) über 
                                  die realen Nettoeinkommen in Deutschland ausgewertet. 
                                  Das Soep ist eine seit 1984 jährlich durchgeführte 
                                  repräsentative Wiederholungsbefragung von 
                                  über 12.000 Privathaushalten in Deutschland.
 Grabka kommt in seiner Auswertung zum Schluss, 
                                  dass Beschäftigte in den unteren Einkommensgruppen 
                                  starke Einbußen hatten: Ihre Realeinkommen, 
                                  also die preisbereinigten Nettogehälter, 
                                  sanken in den letzten zehn Jahren um 16 bis 
                                  22 Prozent.
 
 Wer als Minijobber im Jahr 2000 noch über 
                                  ein reales Nettoeinkommen von 270 Euro verfügte, 
                                  erhielt im letzten Jahr nur noch 211 Euro, das 
                                  sind fast 22 Prozent weniger. Wer vor elf Jahren 
                                  noch 835 Euro netto verdiente – Verkäufer, 
                                  Helfer im Handwerk, Angestellte in Callcentern 
                                  und bei Sicherheitsdiensten –, hatte 2010 
                                  nur noch 705 Euro oder 16 Prozent weniger.
 
 "Die Wirtschaft ist seit der Jahrtausendwende 
                                  ordentlich gewachsen. Die Gewinne und Vermögenseinkommen 
                                  sind insgesamt sogar kräftig gestiegen. 
                                  Doch bei den meisten Erwerbstätigen ist 
                                  von dem Wirtschaftswachstum nichts angekommen", 
                                  so die Bilanz von Grabka.
 
 Insgesamt sind die realen Nettolöhne durchschnittlich 
                                  laut DIW innerhalb eines Jahrzehnts um 2,5 Prozent 
                                  gesunken. Betrug das reale Durchschnittseinkommen 
                                  im Jahr 2000 noch 1.429 Euro so fiel es innerhalb 
                                  von zehn Jahren auf 1.394 Euro.
 
 Laut Grabka ist diese so genannte untere Mittelschicht 
                                  von der negativen Entwicklung am stärksten 
                                  betroffen. „Das liegt vor allem an 
                                  der wachsenden Zahl atypischer Beschäftigungsverhältnisse.“ 
                                  Damit sind Leiharbeit, befristete und geringfügige 
                                  Stellen sowie Teilzeitjobs mit einer Arbeitszeit 
                                  unter 20 Wochenstunden gemeint. Ihre Zahl stieg 
                                  2010 in Deutschland auf 7,84 Millionen. Die 
                                  Mehrzahl der 2010 geschaffenen Arbeitsplätze, 
                                  187.000 von 322.000, waren Leiharbeiter-Stellen. 
                                  Die Zahl der Leiharbeiter stieg nach einem Einbruch 
                                  2009 wieder auf insgesamt 742.000 und erreichte 
                                  damit einen neuen Höchstwert.
 
  
                                  Ein weiterer Grund für das Sinken der Reallöhne 
                                  ist laut Grabka, dass immer mehr Frauen beschäftigt 
                                  sind, die meist unterdurchschnittlich bezahlt 
                                  werden. Und auch „junge Menschen beginnen 
                                  ihr Berufsleben heute mit deutlich niedrigeren 
                                  Einkommen als noch vor zehn Jahren“, 
                                  so der DIW-Forscher. Das gilt gleichermaßen 
                                  für Akademiker wie für alle anderen. 
                                  Hohe Qualifikationen und stringente Lebensläufe 
                                  seien mittlerweile keine Versicherung mehr gegen 
                                  schmale Einstiegsgehälter.
  
                                  Die Benachteiligung der Frauen am Arbeitsmarkt 
                                  zeigt auch ein Artikel in derselben Ausgabe 
                                  der „Franfurter Rundschau“ vom 19. 
                                  Juli 2011 über den jüngsten „Genderbericht“, 
                                  der Regionaldirektion Hessen der Bundesagentur 
                                  für Arbeit in Frankfurt. Laut diesem Bericht 
                                  verdienen im Bundesland Hessen Männer gut 
                                  ein Fünftel mehr als Frauen. Gemäss 
                                  FA lassen sich diese hessischen Verhältnisse 
                                  durchaus auf die andern „alten“ 
                                  Bundesländer übertragen. Die Kluft 
                                  wird vor allem am unteren und oberen Ende der 
                                  Gehaltsklassen deutlich. Gut ein Drittel aller 
                                  Frauen muss sich mit weniger als 2000 Euro im 
                                  Monat begnügen. Der Anteil der Männer 
                                  mit diesem Verdienst liegt dagegen bei rund 
                                  15 Prozent. Umgekehrt kassiert ein Drittel der 
                                  Männer mehr als 4000 Euro, während 
                                  nur 17 Prozent der Frauen diese Entgelt-Region 
                                  erreichen. Zuletzt galt fast jede/r fünfte 
                                  Lohnabhängige in Hessen als NiedriglöhnerIn, 
                                  erhielt also weniger als 1870 Euro monatlich. 
                                  Knapp 30 Prozent aller Frauen fallen in diese 
                                  Kategorie. Bei den Männern sind es knapp 
                                  13 Prozent. Die klassischen Normalarbeitsverhältnisse 
                                  hätten an Bedeutung verloren, während 
                                  atypische Beschäftigungsformen stark zunehmen, 
                                  heißt es im Bericht.   
                                  Laut „Frankfurter Rundschau“ kritisiert 
                                  der Wirtschaftsweise Peter Bofinger kritisiere 
                                  ebenfalls diese Entwicklung. „Es gibt 
                                  Möglichkeiten, die Löhne zu stabilisieren. 
                                  Doch die Politik interessiert sich nicht dafür.“ 
                                  Bofinger schlägt vor, den Ausstieg aus 
                                  der paritätischen Finanzierung in der Krankenversicherung 
                                  rückgängig zu machen. Derzeit zahlen 
                                  Beschäftigte 8,2 Prozent ihres Einkommens 
                                  in die Kassen, Unternehmen nur 7,3 Prozent. 
                                  Wenn Arbeitnehmer und Arbeitgeber wieder jeweils 
                                  die Hälfte der Kosten übernähmen, 
                                  würde „eine solche Rückkehr 
                                  zur Parität den Staat keinen Cent kosten“, 
                                  betont Bofinger.  
                                  „Die Politik hat die Reformschraube 
                                  überdreht“, meint DIW-Verteilungsforscher 
                                  Markus Grabka. „Wenn von 40 Millionen 
                                  Erwerbstätigen sieben Millionen Minijobber 
                                  sind, dann ist etwas aus dem Ruder gelaufen.“ 
                                  Er empfiehlt, die Förderung der geringfügigen 
                                  Beschäftigung zu überdenken und Leiharbeiter 
                                  ebenso zu entlohnen wie Festangestellte. „Die 
                                  meisten Menschen haben das Gefühl, dass 
                                  die wirtschaftliche Entwicklung an ihnen vorbei 
                                  geht – und sie haben recht“, 
                                  so der Professor an der Uni Würzburg.  
                                  Von wegen „Jobwunder“  
                                  Politiker und Wirtschaft in Deutschland jubeln 
                                  wieder über tolle Arbeitsmarkt-Zahlen und 
                                  der neue Wirtschaftsminister Philipp Rösler 
                                  kann verkünden: „Seit der Wiedervereinigung 
                                  waren in Deutschland in einem April niemals 
                                  mehr Menschen in Beschäftigung.“ 
                                  Den Betroffenen ist aber oft nicht nach Jubeln 
                                  zumute. In den vergangenen zwölf Monaten 
                                  seien in der Bundesrepublik 692’000 sozialversicherungspflichtige 
                                  Jobs entstanden. Das klingt super. Bei genauer 
                                  Betrachtung zeigt sich aber, dass über 
                                  250'000 dieser Jobs Zeitarbeitsjobs sind so 
                                  das „Institut für Arbeit und Qualifikation“ 
                                  IAQ der Uni Duisburg-Essen.   
                                  Das vorgebliche „Job-Wunder“ im 
                                  derzeitigen Nach-Krisen-Aufschwung in Deutschland 
                                  beruht also in der Hauptsache auf der Zunahme 
                                  von Leiharbeit. Das heißt: ehemals Festangestellte 
                                  ArbeiterInnen werden nach der Krise in Leiharbeitsverhältnissen 
                                  mit durchgängig weniger Lohn neu eingestellt. 
 Ein 
                                  weiterer, beträchtlicher Teil davon dürften 
                                  gemäss IAQ sogenannte 400 Euro Jobs (Minijobs) 
                                  sein, ihr Anstieg im genannten Zeitraum wird 
                                  nicht ausgewiesen, jedoch müssen sich mittlerweile 
                                  gegen 5 Millionen Menschen in Deutschland mit 
                                  einem 400-Euro-Job zufrieden geben. Minijobber 
                                  erhalten maximal 400 Euro im Monat, viele verdienen 
                                  noch weniger. Davon kann kein Mensch leben. 
                                  Zudem sind die Stundenlöhne oft sehr niedrig: 
                                  86 Prozent der Minijobber erhalten Niedriglöhne 
                                  von weniger als 9,50 Euro pro Stunde im Westen 
                                  und weniger als 6,07 Euro im Osten. Die Einkommen 
                                  sind also mini – für die Arbeitszeit 
                                  gilt das nicht. Die Arbeitszeit der Minijobber 
                                  beträgt im Schnitt ein Drittel einer Vollzeitstelle, 
                                  so das Forschungsinstitut der Bundesagentur 
                                  für Arbeit (IAB). Die meisten Minijobber 
                                  sind Frauen, viele arbeiten im Einzelhandel, 
                                  in der Gebäudereinigung oder in der Gastronomie. 
                                  Zwei Drittel der Minijobberinnen würden 
                                  gern länger arbeiten – und mehr verdienen. 
                                  Bei den Frauen mit einem regulären Teilzeit-Job 
                                  möchte jede zweite ihre Arbeitszeit aufstocken.  
                                  Im Oktober 2010 waren in Deutschland mehr als 
                                  900.000 Leiharbeiter beschäftigt, deutlich 
                                  mehr als bei dem bisherigen Höchststand 
                                  vor der Krise. Die Bedingungen in der Branche 
                                  haben sich aber drastisch verschlechtert. Zwei 
                                  von drei Leiharbeitsbeschäftigten arbeiten 
                                  inzwischen zu Niedriglöhnen. Während 
                                  Vollzeitbeschäftigte im Durchschnitt 18,04 
                                  Euro brutto pro Stunde (2006) verdienen, erreichen 
                                  Leiharbeitskräfte mit 9,71 Euro nahezu 
                                  nur die Hälfte. Wegen der niedrigen Löhne 
                                  müssen 11,5 Prozent aller Leihkräfte 
                                  ergänzend Hartz IV-Leistungen für 
                                  die Grundsicherung in Anspruch nehmen, fünfmal 
                                  mehr als der Durchschnitt aller Beschäftigten. 
                                    
                                  Leiharbeit ist in Deutschland längst keine 
                                  Randerscheinung mehr. Unternehmen und auch öffentlich-rechtliche 
                                  Einrichtungen haben zunehmend eigene Verleiheinheiten 
                                  gegründet, um Arbeitskräfte zu den 
                                  niedrigeren Zeitarbeitstarifen beschäftigen 
                                  zu können.  
                                  Leiharbeit als die vielgepriesene Brücke 
                                  in die „normale“ Beschäftigung 
                                  und „normale“ Arbeit funktioniert 
                                  nicht: Die von der Politik erwarteten Übergänge 
                                  von 50 Prozent und mehr aus den 2004 eingeführten 
                                  Personal-Service-Agenturen mündeten in 
                                  der Praxis nur zu rund 7 Prozent in reguläre 
                                  Beschäftigung.  
                                  Gemäss einer IG-Metall Pressemitteilung 
                                  machen Minijobs, Befristungen, Leiharbeit und 
                                  Teilzeit 75 Prozent des derzeitigen Wachstums 
                                  am Arbeitsmarkt in Deutschland aus. 
  
                                  Das Erbe der Agenda 2010  
                                  „Die Politik hat die Ausweitung des 
                                  Niedriglohnsektors mit den Hartz-Reformen massiv 
                                  unterstützt: Leiharbeit wurde erleichtert 
                                  und Minijobs gefördert. Begründung: 
                                  Dadurch könnten mehr Arbeitslose einen 
                                  Job finden.“ So die „Berliner 
                                  Zeitung“ zu den DIW-Zahlen in ihrer Dienstagsausgabe 
                                  und zitiert zur Begründung Joachim Möller, 
                                  Direktor des Instituts für Arbeitsmarkt- 
                                  und Berufsforschung: „Dies ist zum 
                                  Teil auch gelungen, allerdings gebe es im Niedriglohnsektor 
                                  Auswüchse, die man beschäftigungspolitisch 
                                  nicht rechtfertigen kann"  
                                  Im Februar 1999, also kurz nach seinem Amtsantritt 
                                  1998 verkündete SPD-Kanzler Schröder: 
                                  "Wir müssen einen Niedriglohnsektor 
                                  schaffen, der die Menschen, die jetzt Transfer-Einkommen 
                                  beziehen, wieder in Arbeit und Brot bringt." 
                                  Im Januar 2005, Hartz IV war gerade geboren, 
                                  preist Schröder auf dem Weltwirtschaftsforum 
                                  in Davos: "Wir haben unseren Arbeitsmarkt 
                                  liberalisiert. Wir haben einen der besten Niedriglohnsektoren 
                                  aufgebaut, den es in Europa gibt." 
                                  Genau dies bestätigen jetzt einmal mehr 
                                  die aktuellen Zahlen des Deutschen Instituts 
                                  für Wirtschaftsforschung (DIW) zur Reallohnentwicklung 
                                  sowie diejeniegen des „Institut für 
                                  Arbeit und Qualifikation“ IAQ zur Arbeitsmarksituation 
                                  in Deutschland. Mit den Harz-Reformen als Teil 
                                  der Agenda 2010 hat die rotgrüne Regierung 
                                  Schröder-Fischer eine soziale Umverteilung 
                                  angestossen, wie sie Deutschland nach dem Zweiten 
                                  Weltkrieg nicht mehr erlebt hatte. Die sozialdemokratisch-grüne 
                                  Regierung hat mit der massenhaften Einführung 
                                  von Niedriglohnarbeit die Löhne gedrückt. 
                                  Sie hat den Unternehmern grosszügige Steuergeschenke 
                                  gewährt und im Gegenzug Leistungen der 
                                  Sozialversicherungen reduziert, wie beispielsweise 
                                  die von Bolfinger angesprochene Abschaffung 
                                  der paritätischen Finanzierung der Krankenversicherung. 
                                  2005 hatte die Regierung Schröder diese 
                                  Parität über den Haufen geworfen und 
                                  den Anteil der Lohnabhängigen von 7.75% 
                                  auf 8.2% erhöht. Entsprechend wurde der 
                                  Anteil der Arbeitgeber auf 7.3% gesenkt. Im 
                                  Jahr 2000 betrug der Beitragssatz zur gesetzlichen 
                                  Krankenversicherung (in Prozent des Bruttoverdienstes) 
                                  noch 13.6% was damals wie gesagt noch paritätisch 
                                  geteilt wurde.  
                                  Bestätigung durch die Entwicklung der Arbeitskosten  
                                  Seit dem Jahr 2000 hat Deutschland im Vergleich 
                                  mit den übrigen Ländern der Eurozone 
                                  mit einem Plus von 5.9% den geringsten Anstieg 
                                  bei den Lohnstückkosten (Italien + 29,9 
                                  %, Frankreich + 6,2 %.   
                                  Die Arbeitskosten pro Arbeitsstunde für 
                                  die Privatwirtschaft liegen in Deutschland mit 
                                  29 Euro pro Arbeitsstunde im Mittelfeld der 
                                  EU-Staaten. Im Jahr 2009 sind die Arbeitskosten 
                                  langsamer gestiegen als im Durchschnitt der 
                                  Eurozone.   
                                  Zwischen 2000 und 2009 stiegen die deutschen 
                                  Arbeitskosten (pro Arbeitsstunde in Industrie 
                                  und privatem Dienstleistungsbereich) durchschnittlich 
                                  um 1,9 Prozent pro Jahr und lagen damit 2009 
                                  bei 29 Euro (für Bruttolohn, Unternehmeranteile 
                                  an den Sozialbeiträgen, Steuern für 
                                  Arbeitskosten etc.) Im "Durchschnitt" 
                                  des Euroraums (Vergleich mit zwölf Ländern) 
                                  betrug die jährliche Zunahme 2,9 Prozent. 
                                  In Dänemark, den Niederlanden, Großbritannien 
                                  und Spanien stiegen die Arbeitskosten um 3,5 
                                  bis 4,5 Prozent. In Slowenien, der Tschechischen 
                                  Republik und Ungarn stiegen die Arbeitskosten 
                                  um 6,9 bis 8,9 Prozent.   
                                  „Die extrem starke Entwicklung der 
                                  Exporte unterstreiche, dass die internationale 
                                  Konkurrenzfähigkeit der deutschen Wirtschaft 
                                  weiterhin hervorragend ist", so die 
                                  Wissenschaftler des „Instituts für 
                                  Makroökonomie und Konjunkturforschung“ 
                                  (IMK) in der gewerkschaftseigenen Hans-Böckler-Stiftung. „Wirtschaftsförderung“ 
                                  für die einen…  
                                  Die rot-grüne Regierung Schröder Fischer, 
                                  die nachfolgende „Grosse Koalition“ 
                                  (2005-2009) und die Regierung Merkel haben seit 
                                  1998 einen grossen Teil der Lohnabängigen 
                                  Deutschlands in Armut und einen täglichen 
                                  Überlebenskampf gestürzt. Gleichzeitig 
                                  steigen die Gewinne der Unternehmen und die 
                                  Vermögen der Reichen ständig an. Die 
                                  weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise vermochte 
                                  diese Entwicklung nur kurz zu unterbrechen. 
                                  Im Jahr 2010 verzeichneten die im Deutschen 
                                  Aktienindex Dax (DAX 100 ) vertretenen Konzerne 
                                  wieder einen Anstieg der Gewinne vor Zinsen 
                                  und Steuern von durchschnittlich 66 Prozent. 
                                  Die Netto-Profite der DAX 30 Konzerne stiegen 
                                  gar um 117%. Der Gesamtgewinn der Dax-Konzerne 
                                  fiel dabei nicht nur deutlich höher aus 
                                  als im Jahr 2009. Er übertraf auch den 
                                  des Jahres 2008, in dem sich die Finanzkrise 
                                  noch kaum in den Bilanzen niedergeschlagen hatte, 
                                  um 22 Prozent. Die Prognosen für die Entwicklung 
                                  der Dividenden der DAX-Konzerne liegen derzeit 
                                  bei +25%.  
                                  Die Arbeitnehmerentgelte, also die Lohnsumme 
                                  sämtlicher lohnabhängig Beschäftigten 
                                  in Deutschland beliefen sich 2010 mit rund 1‘260 
                                  Milliarden Euro auf rund 66 Prozent des deutschen 
                                  Volkseinkommens und stieg gegenüber dem 
                                  Vorjahr um lediglich 2.6% an. Die Gesamtheit 
                                  der Unternehmens- und Vermögenseinkommen 
                                  betrug im selben Jahr 642 Milliarden Euro und 
                                  nahm im selben Zeitraum um 13.2% zu.  Seit 
                                  1998 haben diese drei Regierungen (vorher gab’s 
                                  das natürlich auch schon) die Unternehmen 
                                  und Reichen grosszügig mit Steuergeschenken 
                                  bedacht und das Steueraufkommen der Betreffenden 
                                  massiv und systematisch abgebaut. So mit der 
                                  Senkung des Spitzensteuersatzes bei der Einkommenssteuer 
                                  um insgesamt 1 % (Steuerausfall pro Jahr 12 
                                  Milliarden Euro) oder mit der mehrmaligen Senkungen 
                                  der Körperschaftssteuer (AGs, GmbHs) auf 
                                  zuletzt 15 %. Ab 2009 wurden die Bezüger 
                                  grosser Zinserträge durch eine sogenannte 
                                  „einheitliche Abgeltungssteuer“ 
                                  massiv „entlastet“ (Steuerausfall 
                                  jährlich knapp 5 Milliarden Euro). Die 
                                  Besteuerung von Kapital und Arbeit in Deutschland 
                                  im Jahr 2008, betrug für das Kapital 23,1 
                                  %, für die der Arbeit 39,2 %. Damit ist 
                                  Deutschland im Vergleich zu vielen anderen EU-Ländern, 
                                  für das Kapital ein Niedrig - Steuerland. 
                                  Nur in Österreich zahlen die Vermögenden 
                                  noch weniger Steuern.  
                                  … Sparprogramme für die anderen  
                                  Vor etwas mehr als einem Jahr (Juni 2010) beschloss 
                                  die Regierung Merkel mit einem 80 Milliarden 
                                  Euro schweren „Sparpaket“ die Abwälzung 
                                  der Krisenkosten auf die Lohnabhängigen. 
                                  Sie hatte sich mit der Ankündigung etwas 
                                  Zeit gelassen, damit der unmittelbare Zusammenhang 
                                  mit dem „Bankenrettungspaket“ im 
                                  Umfang von 500 Milliarden Euro vom Herbst 2008 
                                  zugunsten der Spekulanten und z.B. der 5 Milliarden 
                                  Euro schweren Hilfe für die deutsche Automobilindustrie 
                                  in Form der „Abwrackprämie“ 
                                  von 2009 nicht allzu offensichtlich erscheint. 
                                  Nach „intensiven“ Beratungen traten 
                                  Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihr 
                                  damaliger Stellvertreter, Außenminister 
                                  Guido Westerwelle (FDP), vor die Presse und 
                                  verkündeten, ein "einmaliger Kraftakt" 
                                  sei gelungen. Die Bundesregierung werde bis 
                                  2014 80 Milliarden Euro einsparen, vor allem 
                                  bei Sozialleistungen. „Das radikale 
                                  Sparprogramm sei notwendig, um die großen 
                                  Lücken im Finanzsystem zu schließen", 
                                  betonte Merkel. Nur durch eine gewaltige Kraftanstrengung 
                                  könne die finanzielle Zukunft des Landes 
                                  wieder auf "solide Beine" gestellt 
                                  werden. Und In seiner unnachahmbaren Arroganz 
                                  erklärte Westerwelle, jeder in Deutschland 
                                  müsse nun den Gürtel enger schallen. 
                                  "Wir haben in den letzten Jahren deutlich 
                                  über unsere Verhältnisse gelebt", 
                                  sagte der damalige Chef der FDP. Und, fügte 
                                  Westerwelle hinzu, er und die Minister seiner 
                                  Partei hätten dafür gesorgt, dass 
                                  keine Steuererhöhungen beschlossen wurden. 
                                  Das sei eine gute Nachricht. Er erwähnte 
                                  allerdings nicht, dass sich seine Initiative 
                                  zur Verhinderung von Steuererhöhungen nur 
                                  auf die Unternehmensbesteuerung bezog.  
                                  Im Zentrum stehen die Kürzungen der Leistungen 
                                  für Arbeitslose. So werden die für 
                                  zwei Jahre gezahlten Zuschläge beim Übergang 
                                  vom Arbeitslosengeld I ins Arbeitslosengeld 
                                  II gestrichen. Bisher wurden Alleinstehenden 
                                  im ersten Jahr bis zu 160 Euro monatlich gezahlt, 
                                  im zweiten bis zu 80 Euro. Für Verheiratete 
                                  gab es maximal das Doppelte. Das fällt 
                                  nun weg. Hartz-IV-Empfängern wird auch 
                                  das Elterngeld komplett gestrichen. Ihr Grundbedarf 
                                  sei bereits durch die Regelsätze der staatlichen 
                                  Hilfen und durch Zusatzleistungen gesichert. 
                                  Gleichzeitig wird der Heizkostenzuschuss für 
                                  Wohngeldempfänger gestrichen.  
                                  Auch der aus Steuergeldern bezahlte Rentenversicherungsbeitrag 
                                  für Langzeitarbeitslose fällt weg. 
                                  Grundsätzlich will die Koalition Pflichtleistungen 
                                  in Ermessensleistungen umwandeln - etwa bei 
                                  Eingliederungshilfen für Jobsuchende. Damit 
                                  wird der Druck auf Arbeitslose, jede Art von 
                                  Arbeit anzunehmen, drastisch erhöht. Die 
                                  Job-Center sollen dadurch bereits im laufenden 
                                  Jahr zwei Milliarden Euro einsparen. Im Jahr 
                                  2014 soll dieser Sparposten auf sechs Milliarden 
                                  Euro steigen. Außerdem soll die Arbeitslosenversicherung 
                                  künftig ohne Darlehen oder Zuschüsse 
                                  auskommen, was eine Erhöhung des Beitragssatzes 
                                  über die für 2011 festgelegten drei 
                                  Prozent bedeuten könnte.  
                                  500 Millionen Euro werden beim Elterngeld eingespart. 
                                  Die Bemessungsgrundlage zu dessen Berechnung 
                                  soll von derzeit 2.700 auf 1.800 Euro zurückgenommen 
                                  werden. Allerdings sollen Väter und Mütter 
                                  nur noch 65 Prozent statt wie bislang 67 Prozent 
                                  ihres letzten Nettogehalts beziehen.  
                                  Außerdem plant die Regierung die Zahl 
                                  der Bundesbeschäftigten in den kommenden 
                                  vier Jahren um bis zu 15.000 Stellen zu senken. 
                                  Die für das kommende Jahr geplante Besoldungserhöhung 
                                  für Bundesbeamte soll ausfallen. Laut dpa 
                                  müssen Bundesbeamte sogar mit einer Kürzung 
                                  ihrer Bezüge um 2,5 Prozent rechnen. Dies 
                                  soll durch den Verzicht auf die geplante Erhöhung 
                                  des Weihnachtsgeldes für Beamte im Jahr 
                                  2011 erreicht werden.  
                                  Die Art und Weise, wie auf dem Buckel der sozial 
                                  Schwächsten „gespart“ wird 
                                  zeigt den Charakter der „Sparprogramme“ 
                                  (nicht nur in Deutschland) deutlich auf, als 
                                  staatlich geführten Klassenkampf von oben, 
                                  wobei die Parallelen zur Brünigschen Sparpolitik 
                                  von Anfangs der 1930-er Jahre nicht mehr zu 
                                  verkennen sind.   
 |