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Streik der ArbeiterInnen bei Allpack AG in Reinach/BL

Bericht in der BAZ über die Polizeiaktion vom 1. 12. 2003

Polizei räumt bei Allpack die Streikenden weg


Die basel-landschaftliche Regierung hat sich für den Polizeieinsatz entschieden. Der Verhandlungsspielraum sei ausgeschöpft, heisst es. Es ist das erste Mal, dass im Baselbiet ein Arbeitskampf auf diese Art beendet werden soll. Doch die Streikenden geben noch lange nicht auf.

Der Arbeitskampf bei Allpack in Reinach hat gestern eine dramatische Wende erfahren. Mit 42 Polizeibeamten hat die Baselbieter Regierung den von den streikenden Arbeitnehmerinnen und ihren Unterstützern von der Gewerkschaft Comedia blockierten Eingang in den Betrieb räumen lassen und so dem Besitzer Robert Scheitlin und knapp zehn arbeitswilligen Angestellten Zugang zu den Firmenräumen verschafft.

Die Bilanz: 29 Blockierer wurden vorübergehend festgenommen und ihre Personalien festgestellt; ihnen droht eine Anzeige wegen Nötigung. Unter ihnen ist auch Eva Chapuis, Liestaler Landrätin und Co-Präsidentin des Gewerkschaftsbundes Baselland. Drei Frauen wurden, so die Comedia, bei der Aktion verletzt. Nach Auskunft der Baselbieter Polizeidirektion hat lediglich eine Frau eine leichte Verletzung am Arm erlitten.

Die erste Barriere fliegt zur Seite
Um 15.55 Uhr ist die Frist endgültig abgelaufen, die Kurt Stucki, Baselbieter Polizeikommandant, den Streikenden gewährt hat, um den Eingang zur Allpack freiwillig zu räumen. Zwölf uniformierte Polizisten bilden einen Keil, nehmen Scheitlin und die Arbeitswilligen in ihre Mitte. Dann fliegt die Bierbank – erste Barriere der Streikenden – auf die Seite. Das provisorische Zelt folgt gleich hinterher. Der Vorstoss der Polizei gerät erst ins Stocken, als die Streikenden gegen die Drehtür am Eingang gedrückt werden. Hier ist Schluss. Nach kleinem Gerangel ziehen sich die Beamten zurück, im Gefolge Robert Scheitlin und seine Getreuen.

Seit einer Woche streiken die Mitarbeiterinnen der Allpack-Produktion. Ihr Chef hat ihnen neue Verträge vorgelegt, die ihren Arbeitsstatus deutlich verschlechtern: Die Ferien werden um eine Woche gekürzt, das 13. Monatsgehalt wurde in einen freiwilligen Bonus umgewandelt; dazu kommen unbezahlte Mehrarbeit und verringerter Mutterschutz (siehe BaZ vom 27. 11.). Wer nicht unterschreibt, fliegt. 13 Mitarbeiterinnen haben die Kündigung erhalten. Eine einzige Gesprächsrunde hat stattgefunden seither. Ohne Ergebnis.

Gestern Morgen dann ist das Einigungsamt in Liestal aktiv geworden, das bei Arbeitskonflikten schlichten soll. Doch der Vorschlag zur Güte – Aufnahme von Verhandlungen über einen GAV und Aussetzen der Kündigungen bis Ende März kommenden Jahres – wird von beiden Parteien nicht akzeptiert: Scheitlin will an den sofortigen Kündigungen festhalten, die Gewerkschaft fordert, dass genau diese zurückgenommen werden. Nach Ansicht der Baselbieter Regierung war dies genug des Bemühens um eine Schlichtung. Jetzt musste sie deutlich machen, dass der «rechtswidrige Zustand nicht dauerhaft hingenommen werden kann», so Stefan Mathis, Generalsekretär des Baselbieter Polizei-, Justiz- und Militärdepartements.

30 Mann im Kampfanzug
Keine Viertelstunde vergeht nach dem Rückzug der uniformierten Polizei, dann fahren mehrere Mannschaftsbusse des Ordnungsdienstes auf: 30 Mann, schwarzer Kampfanzug, Helm mit Nackenschutz und Plastikvisier, links hängt der Schlagstock am Gürtel, rechts die Pistole. Zuerst zu zweit, dann zu viert tragen sie die Streikenden, die sich mittlerweile zu einer Sitzblockade vor dem Eingang niedergelassen haben, auf die Strasse hinaus und zu ihren Autos. Die Hände mit Plastikkabeln auf dem Rücken gefesselt, lässt sich Eva Chapuis widerstandslos abführen. Doch so glimpflich geht es längst nicht überall ab. Manche Demonstranten stemmen sich mit ihrem ganzen Gewicht gegen den Transport.

«Ist gut, ist gut», schreit einer laut, der auf dem Boden kniet. Vier Uniformierte halten ihn nieder, einer drückt dem Festgenommenen die Stirn auf den kalten Asphalt. Quälend lange Sekunden verrinnen, bis die Beamten den Mann aufheben und in den bereitstehenden Wagen stossen. Eine junge Frau wird mehr geschleift als getragen, immer wieder schlägt sie mit der Hüfte gegen das Pflaster im Eingangsbereich. 29 Streikende werden in die Mannschaftswagen verfrachtet. Keine halbe Stunde, dann ist das Schlachtfeld geräumt. Und Scheitlin und seine arbeitswilligen Mitarbeiter können das Gebäude betreten. Eine Kette von Polizisten in Kampfmontur riegelt nun den Eingang ab gegen unbefugtes Betreten.

Die Festgenommenen werden zum Polizeiposten Aesch transportiert und dort in der Tiefgarage erkennungsdienstlich behandelt. Anschliessend lässt man sie frei. Das Tram bringt sie wieder zurück zur Allpack, wo sie im Lichte der Strassenlaternen ihr weiteres Vorgehen besprechen. Sie werden weiterstreiken, und sie werden den Zugang zum Betrieb wieder blockieren. Und heute Nachmittag werden sie in Liestal demonstrieren – gegen die ihrer Meinung nach einseitige Parteinahme der Baselbieter Regierung.

Scheitlin soll, so wollen es Sympathisanten der Streikenden beobachtet haben, das Firmengelände mit seinen Mitarbeitern nach weniger als einer Stunde verlassen haben.

Harter Einsatz. Mit Polizeigewalt wurde gestern der Zugang zur Reinacher Verpackungsfirma Allpack geräumt. 29 Streikende wurden vorübergehend festgenommen.


(Heiner Hiltermann)