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Streik der ArbeiterInnen bei Allpack AG in Reinach/BL

Einigung nicht auf der Höhe des Streiks!

Streikbilanzierung von Cécile Pasche und Denise Chervet (19.Dez.2003)

Die Beschäftigten von Allpack haben die Angst überwunden, die so viele KollegInnen am Arbeitsplatz kennen. Der erste Schritt war eine Petition, die sie unterschrieben haben. Danach kamen der Entscheid zu streiken, der Streik selbst und dann tagtäglich die Entscheidung, den Streik weiterzuführen. Nach dem Angriff der Polizei am 1. Dezember haben die Beschäftigten ihren Mut noch bekräftigt, indem sie einstimmig beschlossen, weiterhin zu streiken. Comedia hat diese Mobilisierung von Anfang an unterstützt, indem der Streikfonds dafür geöffnet und ein Teil der Infrastruktur und des Personals bereitgestellt wurden.

Streik – Ein Erfolg für die Streikenden

Öffentlich das Wort ergreifen, Fragen von JournalistInnen beantworten, ihren Standpunkt gegenüber der Unternehmensleitung und der Regierung vertreten: All dies haben die Streikenden in den Tagen des Streiks getan. Vor dem Streik wäre dies für sie unvorstellbar gewesen. Diese zehn Tage des kollektiven Kampfes haben die Streikenden weitergebracht. Weil sie solidarisch waren, konnte jedeR von ihnen an Mut und Selbstvertrauen gewinnen und neue Fähigkeiten entwickeln.
Trotz Mängel und Kommunikationsschwierigkeiten ist es den Streikenden gelungen, eine solidarische Bewegung aufzubauen. Dank ihnen konnten all jene, die den Streik vor Ort unterstützt haben, reichhaltige Erfahrungen für zukünftige Auseinandersetzungen sammeln. Die Streikenden haben allen Beschäftigten in der Schweiz gezeigt, dass es möglich ist, gemeinsam gegen die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen zu kämpfen. Besser als alle Reden haben sie bewiesen, dass der Streik ein legitimes Mittel zur Verteidigung der Interessen aller Beschäftigten ist.

Mediation und beteiligte Akteure

Kaum je dauert ein Streik so lange wie derjenige bei Allpack. Indem er die Streikenden entliess und eine Intervention der Polizei gegen den Streik veranlasste, ist der Unternehmer verantwortlich für die Verhärtung des Arbeitskonflikts. Hinzu kam der Angriff des Produktionsleiters gegen einen Streikenden mit Pfefferspray. Angesichts dieser Gewalt des Unternehmers und seiner Handlanger wurde es für die Streikenden immer schwieriger, sich eine Zukunft in diesem Betrieb vorzustellen.
Die Regierung des Kantons Baselland trägt ebenfalls eine grosse Verantwortung in Bezug auf die Eskalation des Konflikts. Sie hat den Einsatz der Polizei befohlen, eine Bewilligung für Nachtarbeit erteilt, bei der Demonstration in Liestal ein völlig unverhältnismässiges Polizeiaufgebot veranlasst und somit von Anfang an klar für den Unternehmer Partei ergriffen. Die Kritik am Polizeieinsatz in den Medien, die beträchtliche Mobilisierung an der Demonstration in Liestal und das steigende Interesse der Öffentlichkeit machten es für die Regierung immer dringender, den Streik zu beenden. In dieser Logik hat der Regierungsrat am 3. Dezember eine Mediation vorgeschlagen.
In einer vorschnellen Reaktion hat Comedia diese Logik unterstützt und vorgeschlagen, die Blockade des Unternehmens während der Mediationssitzung zu lockern. Zu diesem Zeitpunkt waren das Interesse und die Sympathie der gesamten Deutschschweizer Presse für den Streik sehr gross. Auch hatte die Demonstration in Liestal die Position der Streikenden gestärkt. Über die Frage, wie diese Sympathie am besten zu nutzen sei, traten zu diesem Zeitpunkt Meinungsverschiedenheiten auf.
Es wurde eine Verhandlungsdelegation ernannt, zum einem Teil durch die Streikenden und zum anderen Teil durch die Geschäftsleitung von Comedia. Die Verhandlungen unter Vermittlung von zwei Mediatoren haben von 20 Uhr bis 3.30 Uhr in der Nacht gedauert. Das Resultat entsprach der Absicht der Regierung, den Streik so schnell wie möglich zu beenden. Die Einigung enthielt folgende Abmachungen: Sofortige Beendigung des Streiks, Aushandlung eines Gesamtarbeitsvertrags und Aufrechterhaltung der Entlassungen ohne jegliche Entschädigung für die Streikenden, die für die Dauer der Kündigungsfrist freigestellt werden. Über Annahme oder Ablehnung der Einigung mussten die Streikenden unmittelbar nach den Verhandlungen zwischen 4 und 7 Uhr morgens entscheiden. Die an den Verhandlungen beteiligten Gewerkschafter waren mehrheitlich der Meinung, dass die Einigung angenommen werden solle.

Erste Bilanz

Die Streikenden haben bis am 2. Dezember die Kontrolle über ihren Streik behalten. Am Abend der letzten Verhandlungen wurde ihnen – im entscheidenden Moment – diese Kontrolle faktisch entzogen. Sie wussten, dass im Fall einer Ablehnung der Einigung von ihrer Seite der Streik nicht wie bis anhin hätte weitergeführt werden können, denn die Unterstützung der Gewerkschaft war nicht mehr im selben Umfang gegeben. Als Gründe für eine Annahme der Einigung wurden verschiedene Aspekte genannt. Einerseits gab es Zweifel bezüglich der vorhandenen Kräfte, um diesen Kampf weiterzuführen, denn Streikende und GewerkschafterInnen waren erschöpft. Hinzu kamen Bedenken der Streikenden, in den Betrieb zurückkehren zu müssen und die Angst vor einem erneuten Polizeieinsatz. Und schliesslich waren einige mit der Aussicht zufrieden, einen GAV aushandeln zu können. Natürlich war es legitim, alle diese Fragen anzusprechen, die im Übrigen unterschiedlich beurteilt wurden. Jedoch hätte das eigentliche Ergebnis der Verhandlungen genauer beurteilt werden müssen. Der in der Einigung vorgesehene Gesamtarbeitsvertrag wird unter erschwerten Bedingungen ausgehandelt werden müssen, denn die aktiven GewerkschafterInnen wurden ja fast alle entlassen.
Die entlassenen Streikenden müssen für einen legitimen gewerkschaftlichen Kampf einen sehr hohen Preis zahlen. Für sie beginnt ein doppelter Kampf: Vor Gericht gegen die missbräuchlichen Entlassungen und auf dem Arbeitsmarkt für eine neue Stelle.
Für Comedia ist es notwendig, diese Mobilisierung und das Ergebnis des Streiks schonungslos zu bilanzieren. Dies sind wir den Streikenden von Allpack schuldig, die uns vertraut haben. Bei einem Streik ist die Zeit ein entscheidender Faktor – sie arbeitet für uns. Weil dies vergessen wurde, haben wir eine Einigung unterzeichnet, die nicht dem Mut und der Entschlossenheit der Streikenden von Allpack entspricht.

Cécile Pasche und Denise Chervet