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Die anstehenden "Reformen" :
das verschwiegene Übel

Flyer der BFS vom Februar 2007

Die KVG-Revision, die am 1. Januar 2006 in Kraft getreten ist, zeigt was uns erwartet. Seither dürfen die Krankenkassen die Bezahlung von Leistungen bei den Versicherten einstellen, gegen die juristisch vorgegangen wird, weil sie ihr Prämien oder die Kostenbeteiligung nicht beglichen haben. Dabei greift die Sozialhilfe erst ein, wenn die Insolvenz festgestellt wurde.


Diese Massnahme führte zu derart schwerwiegenden Folgen, dass sogar die Presse darüber berichten musste. Tausende Patienten sind seit Monaten von der medizinischen Versorgung ausgeschlossen. Professor Hans Wolff und sein Kollege Christophe Marti von der Polyklinik der Genfer Spitäler haben in einem Artikel in der Revue médicale suisse von dramatischen Situationen berichtet, denen sie bei der Arbeit begegnen. Sie haben eine klare Meinung, welche sozialen Schichten davon betroffen sind. Bei den Opfern dieses Systems handelt es sich sehr überwiegend um Personen aus so genannten bescheidenen Verhältnissen, die meistens unter chronischen Krankheiten leiden.

Bei dieser KVG-Revision wurden ausserdem die Prämien für Kinder in Haushalten mit mittleren oder tiefen Einkommen auf die Hälfte reduziert. Der entsprechende Betrag wird seit Januar 2006 durch die öffentliche Hand im Rahmen der Prämienverbilligungen übernommen. Das ist aber kein wirklicher Fortschritt. Denn falls die Initiative für eine Einheitskasse am 11. März angenommen wird, werden die Prämien für Kinder schlicht und einfach gestrichen. Die Initiative verlangt nämlich, dass die Prämien abhängig vom Einkommen der Versicherten festgelegt werden.

Bei einem Nein am 11. März: die bittere Medizin des Bundes

Aber die laufende KVG-Revision wird uns bald weitere unangenehme Überraschungen bereiten.

Am 26. Mai 2004 hat der Bundesrat vorgeschlagen, die Kostenbeteiligung der Versicherten für Ausgaben oberhalb der Franchi se von 10% auf 20% zu erhöhen. Die Obergrenze der Kostenbeteiligung soll bei 700 Franken bleiben. Falls diese Massnahme umgesetzt wird, führt sie zu einer deutlichen Erhöhung der finanziellen Belastung der Versicherten im Krankheitsfall. Denn bei einer Kostenbeteiligung von 20% würde die Obergrenze schon bei Gesundheitsausgaben von 3800 Franken in einem Jahr erreicht. Heute müssen dagegen noch 7600 Franken ausgegeben werden, um diese Obergrenze zu erreichen. Die Kommission des Nationalrats hat bereits im September 2004 entschieden, dieses Projekt aufzuschieben. Wir gehen davon aus, dass es rasch wieder aus der Schublade geholt wird, falls die Initiative für eine Einheitskasse am 11. März abgelehnt wird.

Betreffend die Finanzierung der Alters- und Pflegeheime sowie der Pflege zu Hause (Spitex) sieht es ähnlich aus. Der Bundesrat schlägt vor, dass die Patienten, die solche Pflegedienste in Anspruch nehmen, einen Teil (etwa 20%) der Kosten der Grundversorgung übernehmen, welche zur Befriedigung menschlicher Grundbedürfnisse (sich anziehen, sich waschen, sich ernähren) erbracht wird.

Weil Versicherte aus bescheidenen Verhältnissen eine solche zusätzliche Belastung schlicht und einfach nicht ertragen könnten, hat der Bundesrat vorgeschlagen, zu diesem Zweck auf die Ergänzungsleistungen der AHV/IV zurückzugreifen.

Doch im September 2006 hat der Ständerat entschieden, die Kostenbeteiligung der Versicherten auf sämtliche Behandlungen auszudehnen. Dies würde zu einer stärkeren Belastung der mehrheitlich betagten Patienten führen. Sie und ihre Kinder müssten zahlen, so lange sie über entsprechende Mittel verfügen. Der Nationalrat wird sich mit diesem Vorschlag in den nächsten Monaten befassen.

„Die Kosten senken“ und die Profite der Kassen befreien

Die übrigen Aspekte der KVG-Revision betreffen die Grundlagen des schweizerischen Gesundheitssystems. Das offizielle Ziel besteht daraus, die Kosten zu senken. Die Folgen: die Preisgabe der öffentlichen Kontrolle des Gesundheitswesens und eine Vormachtstellung der Krankenkassen, die zu Lasten der Qualität der Grundversorgung geht. Dies wird zwangsläufig mehr Nutzer dazu bringen, Zusatzversicherungen abzuschliessen. Mit diesen Versicherungen fahren die Kassen ganz legal ihre Gewinne ein. Ausserdem will der Bundesrat die Versicherten dazu bringen, einem Gesundheitsnetzwerk beizutreten. Sie müssen ihre Gesundheit einer begrenzten Zahl von Leistungserb ringern anvertrauen und kommen dafür in den Genuss tieferer Prämien. Solche Netzwerke hatten in der Schweiz bisher wenig Erfolg. Auch die Massnahmen, die das eidgenössische Parlament im Dezember 2006 beschlossen hat, werden nicht viel daran ändern. Aber die Anhänger der Kommerzialisierung des Gesundheitswesens werden sicher bald schon einen neuen Anlauf nehmen.

Die Spitäler werden durch die Kassen überwacht

Die Reform der Spitalfinanzierung plant der Bundesrat in zwei Schritten.

1. Kurzfristig sollen alle Spitäler, die Leistungen der Grundversicherung erbringen, gleich behandelt werden. Unabhängig davon, ob es sich um öffentliche, subventionierte oder private Einrichtungen handelt.

Die öffentliche Hand soll die Verantwortung für die Investitionen der öffentlichen und subventionierten Spitäler abgeben. Der Staat soll sich darauf beschränken, die Spitalplanung auf kantonaler Ebene zu erstellen und die Spitäler zusammen mit den Krankenkassen je zur Hälfte zu finanzieren.

In der Grundversicherung ist vorgesehen, mit allen Spitälern Leistungsvereinbarungen abzuschliessen, bei denen die Finanzierung nicht mehr auf den tatsächlichen Kosten sondern auf Kostenpauschalen für verschiedene Behandlungen beruht.

In Deutschland wurde dieses System bereits vor einigen Jahren eingeführt. Es verursachte eine scharfe Konkurrenz unter den Spitälern. Viele Spitäler sind bereits verschwunden. Bei den Überlebenden hat sich die Qualität der Leistungen ebenso verschlechtert wie die Arbeitsbedingungen des Pflegepersonals. Niemand hat die Bürgerinnen und Bürger gefragt, ob sie zu diesen Bedingungen unters Messer kommen wollen.

2. Auf der zweiten Stufe will der Bundesrat die Spitalfinanzierung ganz in die Hände der Krankenkassen legen. Dieses Ziel versteckt sich hinter dem barbarischen Ausdruck der „monistischen Finanzierung“. Unter einem solchen Regime werden die wirtschaftlichen Kriterien zwangsläufig bei der Grundversorgung in den Spitälern immer mehr den Ausschlag geben. Die Spitalversorgung wird zu einem Teil des Gesundheitsmarkts.
Die Verabschiedung der Massnahmen für den ersten Schritt der Finanzierungsreform durch das eidgenössische Parlament ist in den Monaten nach der Abstimmung vom 11. März geplant. Aber der Bundesrat hat bereits angekündigt, spätestens drei Jahre danach dem Parlament ein Gesetz vorzulegen, das der „monistischen“ Finanzierung (das heisst der Kontrolle durch die Krankenkassen) im Bereich der Grundversorgung in den Spitälern den Weg ebnet.

„Die Freiheit“ des Fuchses im Hühnerstall

Auch bei den ambulanten Behandlungen will der Bundesrat die Leistungserbringer dem Diktat der Krankenkassen unterstellen. Deshalb soll der bestehende „Vertragszwang“ durch eine neue „Vertragsfreiheit“ ersetzt werden. Konkret geht es dabei um Folgendes. Heute muss eine Krankenkasse jede Rechnung begleichen, die durch einen anerkannten Arzt für Leistungen im Bereich der Grundversicherung ausgestellt wurde. Unter den Bedingungen der Vertragsfreiheit müsste die Kasse nur noch Rechnungen von Ärzten und anderen Leistungserbringern begleichen, mit denen sie einen Vertrag geschlossen hat.

Die Versicherten verlieren durch diese „Vertragsfreiheit“ (der Krankenkassen) ihre Freiheit bei der Ärztewahl. Das erklärte Ziel dieser Neuerung besteht in der Reduktion der Anzahl der Ärzte und anderen Leistungserbringern in den Gebieten, in denen es davon scheinbar zu viele gibt, das heisst in den Städten und Agglomerationen. In diesen Gebieten werden nur diejenigen Leistungserbringer überleben, welche die Bedingungen der Krankenkassen akzeptieren (siehe die zwei Kasten nebenan).

Diese Massnahme ist für die durch den Bundesrat beabsichtigte KVG-Revision von zentraler Bedeutung. Der Ausgang ist offen. Natürlich wurde die Diskussion im Parlament auf die Zeit nach der Abstimmung vom 11. März verschoben…

Eine schwarze Liste der „schlechten Zahler“
Am 5. Januar 2007 berichtete die Gratiszeitung 20 Minutes von der „Todesgefahr im Falle nicht bezahlter Kranken-kassenprämien“. Dr. Hans Wolff vom Genfer Universitätsspital erläuterte, was dies im Falle einer Nierentransplantation bedeutet: Wenn der Patient die Behandlung während einem Monat unterbricht, gefährdet er sein Leben, und der gesamte Eingriff war nutzlos.
Bis im November 2006 waren auf der Polyklinik 260 Personen bei insgesamt 426 Fällen von einem Unterbruch der Krankenversicherungsdeckung betroffen. Oft handelt es sich um chronische Krankheiten, meistens um Menschen aus benachteiligten sozialen Gruppen. Bei 40% der Fälle kann der Unterbruch der medizinischen Behandlung schwerwiegende oder fatale Auswirkungen haben.
Im Tages-Anzeiger vom 7. Februar 2007 war zu lesen, dass in der Schweiz 150'000 Menschen ohne Schutz einer Krankenkasse dastehen. Allein im Kanton Zürich sind es 17'000; im Kanton Aargau 10'000. Keine Kasse, kein Arzt: vor allem chronisch Kranke sind davon betroffen.
Nun wollen die Direktoren von Helsana und CSS (die Kasse mit dem so unpassenden Namen: Christlich-soziale Krankenkasse der Schweiz) eine zentrale schwarze Liste der „schlechten Zahler“ erstellen. Denn das wird die Zahlungsmoral verbessern, wie ein CSS-Direktor zu behaupten wagte
(SonntagsBlick, 11.2.2007).


Freiheit für einen neuen Markt
Nach welchen Kriterien wird der Vertragszwang abgeschafft? Ganz nach dem Geschmack der Krankenkassen. Ein Patient, der Jahre lang seine Prämien bezahlte, kann deshalb daran gehindert werden, zu seinem bisherigen Arzt zu gehen - sofern er nicht superreich ist oder zu dem Zweck sein Erspartes ausgeben will.
Wir fragen uns, wie es juristisch möglich ist, die Abschaffung des „Vertragszwangs“ zu rechtfertigen und gleichzeitig die „Versicherungspflicht“ zu erhalten?
Mit dieser Drohung, die durch Couchepin unterstützt wird, versuchen die Krankenkassen die Ärzte in die Knie zu zwingen. Und gleichzeitig öffnen sie einen neuen Markt. Zum Beispiel hat die Groupe Mutuel nach der Streichung gewisser Alternativmedizinen aus der Grundversicherung den Versicherten angeboten, diese Leistungen gegen eine Zusatzprämie weiterhin zu übernehmen. Wir können sicher sein, dass die Versicherten in Zukunft gegen eine höhere Prämie für die Zusatzversicherung zu einem „schwarzen Schaf“ gehen können, das nach der Abschaffung des Vertragszwangs von der Ärzteliste gestrichen wurde. Ein lukrativer Markt.